Andreas Meihsies, Frontmann der Initiative „Bürgerbegehren Kein Lampenverkauf“, bohrt wieder einmal dicke Bretter. Leidenschaft kann man ihm dabei nicht abstreiten, aber wie so oft mangelt es dem Bündnisgrünen an Augenmaß. Vielmehr erinnert das ganze Getöse um die Straßenlaternen in Lüneburg an die Unterschriftenaktion mitten im hessischen Landtagswahlkampf vor ein paar Jahren. Koch lässt grüßen.

Der Lüneburger Stadtrat hat bereits am 22. März 2007 in den Haushaltsplan vier Millionen Euro Erlös als erwartete Einnahme aus dem Contracting-Modell in Bezug auf die Straßenbeleuchtung eingestellt. Und damals ist dieses Thema bereits breit diskutiert worden. Warum gab es damals kein Bürgerbegehren? Ganz einfach – die heiße Phase des Landtagswahlkampfs beginnt doch erst jetzt!

„Die SPD ist grundsätzlich für die Möglichkeiten der Bürger und Bürgerinnen, Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Politik zu nehmen“, betont die SPD-Vorsitzende Hiltrud Lotze. „Schließlich waren es die Sozialdemokraten unter dem damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, die 1993 mittels einer Verfassungsänderung den Weg für direktdemokratische Instrumente in Niedersachsen frei gemacht haben.“ Von daher ist „mehr Demokratie wagen“ auch nur zu begrüßen. Das wusste schon Willy Brandt.

Mit Blick auf die Straßenlaternen in Lüneburg ist das gestartete Unterfangen der Grünen daher durchaus legitim. Die damit verbundenen Behauptungen und Unterstellungen sind es jedoch nicht.

„Geradezu unverschämt ist die immer wiederkehrende Behauptung, dass Oberbürgermeister Ulrich Mädge hinter dem Rücken des Rates mit e.on-Avacon bereits alles ausgekungelt habe“, zeigt sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Heiko Dörbaum verärgert. Schließlich sei das Thema in allen Ratsgremien, darunter sogar ein spezieller Ausschuss nur für die Straßenlampen, offen und ausführlich diskutiert worden. Und die Grünen und die Linken waren immer dabei.

Ebenso unredlich sind viele andere Behauptungen. Der Vorwurf, mit den Straßenlaternen würde wieder einmal Tafelsilber verscherbelt, ist nicht haltbar, denn die entscheidenden Eigentumsrechte würden im Falle eines Vertrages bei der Stadt bleiben. Dies gilt vor allem für das Transferrecht, dem Recht, Eigentum bzw. Vermögenswerte ganz oder zeitweise zu übertragen. „Dieses Eigentumsrecht verbleibt auf jeden Fall bei der Stadt. Ohne so eine Klausel unterschreiben wir keinen Vertrag. Und damit ist klar, dass die Straßenlaternen gar nicht verkauft werden“, betont Eugen Srugis, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Klimakatastrophe, gerade zum Wort des Jahres gekürt, ist ein weiteres Stichwort, das in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist. Allen in Lüneburg ist klar, dass auch Stromsparen zu den Geboten der Stunde gehört. Daher ist eine Modernisierung der im Durchschnitt 23 Jahre alten Straßenlaternen in Lüneburg zwingend nötig. Experten gehen von einem Investitionsaufwand von ca. zwei Millionen Euro aus. Das Problem ist: Lüneburg hat diese zwei Millionen nicht über. Und da die vier Millionen aus dem Contracting-Modell bereits im Haushalt als Einnahme auftauchen, müsste man eigentlich von sechs Millionen Euro ausgehen, die aber nicht über zusätzliche Kredite finanziert werden dürfen, denn dann würde die Landesregierung den Haushalt der Stadt nicht genehmigen.

Und hier wird die Politik der Grünen und auch der Linken vollständig unglaubwürdig. Ernsthafte Vorschläge, diese Millionen einzusparen, machen sie nicht.

Aber es kommt noch toller. Man könne doch Aktien oder andere Beteiligungen der Stadt verkaufen, um die Straßenlaternen selbst auf Vordermann zu bringen. „Wer will also in Wirklichkeit Lüneburger Tafelsilber verkaufen? Und das auch noch mit großen, unkalkulierbaren Risiken“, stellt Hiltrud Lotze fest. Ein Verkauf von Avacon-Aktien oder von Anteilen an der Lüwo-Bau komme für die SPD nicht in Frage. Ersteres würde nämlich bedeuten, dass im Salü und auch im Freibad die Preise erhöht werden müssten; im schlimmsten Fall müsste sich die Stadt sogar von diesen Einrichtungen trennen. „Das wäre eine sozialpolitische Katastrophe. Und es ist darüber hinaus schon eigenartig, dass gerade jetzt die Enteignung von privaten Seen gefordert wird.“ Auch ein Verkauf von Anteilen an der Lüwo-Bau, so Heiko Dörbaum, sei ein falscher Schritt. „Wenn beispielsweise eine sogenannte Heuschrecke, vor denen schon Franz Müntefering gewarnt hat, Miteigentümer würde, dann müssten die Mieter und Mieterinnen tiefer in die Tasche greifen. Das werden wir verhindern.“

Was bleibt unter dem Strich: Der von der Stadt Lüneburg eingeschlagene Weg ist angesichts der schwierigen Haushaltslage eine sinnvolle Variante, denn die Stadt behält das Heft des Handelns in der Hand und schafft die Voraussetzung für einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaschutz. Entscheidend wird es sein, einen Vertrag auszuhandeln, der Lüneburg, seinen Bürgerinnen und Bürgern und der Umwelt den größtmöglichen Nutzen bringt. Und dann wird die SPD diesen Weg mitgehen.