Mit einem Vortrag zur Endlagersuche von Matthias Miersch (SPD) endete am Samstag, 28. April, die Vortragsreihe „Für einen wirklichen Ausstieg aus der Atomkraft“, veranstaltet vom Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LAgA).

Für Matthias Miersch ist Gorleben als atomares Endlager „faktisch tot“. Die Fehler im Verfahren nach einer Endlagersuche seien aus seiner Sicht „nicht mehr heilbar“.

Als ordentliches Mitglied im Untersuchungsausschuss zu Gorleben bestätige sich für ihn der Verdacht, dass auch in den 1990er Jahren nicht wissenschaftliche Kriterien sondern politische Willkürentscheidungen das Festhalten an Gorleben bestimmt haben. So werte er auch das Ergebnis aus der Ausschusssitzung von vor zwei Tagen als politische Einflussnahme. Hintergrund: Vor den Untersuchungsausschuss war Dr. Paul Krull als Zeuge geladen, einer der beiden Autoren zur sogenannten Salzstudie. 41 Standorte waren 1995 auf Grundlage geologischer Kriterien untersucht worden, vier mögliche Standorte daraufhin als „geeignet“ eingestuft. Warum Gorleben unter diesen 41 nicht dabei war? Weil es nicht Aufgabe gewesen sei, Gorleben mit anderen Standorten zu vergleichen, so der Zeuge. Auf die Frage, wie er denn Gorleben eingestuft hätte, wäre er damals gefragt worden: „mit der Farbe gelb“ (d.h. „bedingt geeignet“). - Obwohl also 1995 vier andere Standorte als „geeignet“ eingestuft waren, und obwohl es gar keine Vergleichsuntersuchungen mit Gorleben gegeben hatte, titelte die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel in ihrer Presseerklärung: „Gorleben bleibt erste Wahl“. Egal, wie die Fragestellung lautete, egal, wie das wissenschaftliche Ergebnis ausfiel, am Ende war die Antwort immer: Gorleben.

Zur Zeit hat der wahlkämpfende Bundesumweltminister Röttgen für die Dauer der bundesweiten Suche nach einem atomaren Endlager sogar einen Erkundungsstopp für Gorleben angeboten. Matthias Miersch empfiehlt jedoch, die taktischen Spielchen der Bundesregierung nicht allzu ernst zu nehmen, dafür aber das geplante Endlagersuchgesetz umso genauer und gründlicher zu prüfen. Weder die derzeitige Hinhaltetaktik wegen anstehender Landtagswahlen noch das laufende Verfahren zu einem Endlagersuchgesetz tragen aus Sicht von Matthias Miersch dazu bei, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Für den Juristen Miersch ist es hochproblematisch, dass der Deutsche Bundestag am Gesetzgebungsverfahren bisher nicht beteiligt ist. Misstrauisch mache ihn auch eine de facto Entmachtung der renomierten Bundesanstalt für Strahlenschutz (BfS) durch ein neu zu gründendes Bundesinstitut zur Endlagersuche. Dieses neue Institut soll gegenüber Parlament und Öffentlichkeit lediglich „Rechenschaftspflicht“ haben, womit es also jeglicher demokratischen Kontrolle entzogen ist. Die Standorterkundung selbst soll nach Bergrecht erfolgen, atomrechtliche Sicherheitsziele kämen dann gar nicht mehr zum Tragen. Und obwohl die Europäische Union das Verursacherprinzip verbindlich fordert, sollen die Kosten für die Endlagersuche nicht von den Betreibern getragen werden. Alles gute Gründe für den Umweltpolitiker und Juristen Miersch, dieses Verfahren weiterhin mit gesundem Misstrauen zu begleiten. Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben, so Matthias Miersch, ein für Jahrtausende „sicheres Endlager“ werde es nicht geben. Umso wichtiger sei es, bei der bundesweiten Endlagersuche nicht bereits zu Beginn die alten Fehler zu wiederholen. D.h. dieses Mal ein transparentes Verfahren mit genauer Regelung einer umfassenden Bürgerbeteiligung, Auswahl wissenschaftlicher Kriterien und ein größtmöglicher Konsens in der Bevölkerung.