Ich wurde meiner Freiheit und meines Rechts beraubt, über meinen Körper selbst zu bestimmen. Die Farbe kitzelt und jetzt noch eine chemische Dusche. Es hat ein Grund, dass ich keine Tattoos trage!

Liebe „Graffiti-Künstlerin”,
lieber „Graffiti-Künstler“,

hier stehe ich seit mehr als 50 Jahren – zugegebenermaßen mit sehr eigenem Erscheinungsbild – in der Lüneburger Altstadt und freue mich außerordentlich, dazuzugehören. Stolz bin ich sogar: 1968 bescheinigte mir die Stadt Lüneburg, dass ich mit meinem besonderen Erscheinungsbild zur Erhaltung des Lüneburger Stadtbildes beigetragen habe (siehe rechts). An einigen Stellen merkt man mir mittlerweile mein Alter an – ich habe es aber in der Vergangenheit meist selbst in der Hand gehabt, wenn ich mich verschönern wollte.

Was stört dich an mir, dass du meinst, dürre Farbstriche auf mir zu hinterlassen? Sind es etwa die Waschbetonplatten, die im Gegensatz zu den sehr hübschen Fassaden meiner Nachbarn leider recht wenig Attraktivität aufweisen und die zudem schwer an mir hängen (unter uns: die nerven mich mittlerweile sogar!)?

Ich glaube ja, dass es gar nicht um mich geht, denn im dunklen Schleier der Nacht kommst du daher, wahrscheinlich die Kapuze tief über den Kopf gezogen und protestierst mit roter Farbe auf den Mauern. Wohl nicht gegen mein Aussehen, sondern gegen die Politik eines Mieters hier im Haus, der SPD. Also, was habe ich damit zu tun? Meinst du es ist für mich angenehm, dass regelmäßig mit chemischer Keule die Farbe von mir abgekratzt wird.

Was kann ich eigentlich dafür, dass du auf diesem Wege deiner politischen Unzufriedenheit Ausdruck verleihst? Hast du eigentlich nicht die Chuzpe, dich direkt an die SPD zu wenden?

Komm doch einfach mal tagsüber vorbei, drück die Klingel und rede mit der SPD. Das sind ganz angenehme Mieter. Soweit ich weiß, setzen sie sich für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ein; gerade letzteres scheint dir ja sehr wichtig zu sein. Im direkten politischen Diskurs könntest du vielleicht sogar mehr erreichen, als wenn du nachts vier Wörter auf eine geklinkerte Häuserwand schreibst.

Mit hoffentlich verständnisvollen Grüßen,
Dein Uwe-Inselmann-Haus

Uwe-Inselmann-Haus antwortet