Antrag 1 (Leitantrag): „Die soziale und demokratische Gesellschaft stärken!“
Antragsteller: SPD-Unterbezirksvorstand
Der sozialdemokratische Kompass zeigt in Richtung Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit. Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten übernehmen auch heute, in Zeiten der wirtschaftlichen Krise, Verantwortung für das Land, für die Kommunen und die Menschen.
Mit der Europawahl und der Bundestagswahl stehen entscheidende Weichenstellungen in Deutschland bevor. Wir wollen sozialdemokratische Politik im Sinne der Menschen durchsetzen und ziehen auch in der Region Lüneburg mit Geschlossenheit, Entschiedenheit und Siegeswillen in die kommenden Wahlauseinandersetzungen.
Wir bekennen uns zu einem handlungsfähigen Staat, der klare Regeln für die Märkte setzt, Menschen schützt und Eigenverantwortung stärkt. Wir wollen Aufstieg und Chancen für Alle ermöglichen. Hierfür brauchen wir einen Staat, der leistungsfähig ist und Zukunftsinvestitionen vornehmen kann. Diejenigen, die auf Deregulierung, Privatisierung und den Abbau staatlicher Leistungen gesetzt haben, sind widerlegt. Für uns ist klar: Die finanziellen Lasten der wirtschaftlichen Krise dürfen nicht auf Kosten der Menschen in Deutschland ausgetragen werden. Diejenigen, die uns in die Krise gebracht haben, müssen einen erheblichen Teil zur Überwindung der derzeitigen Situation beitragen.
Soziale Gerechtigkeit und Gute Arbeit
Die Reformen der sozialen Sicherungssysteme sind durch die Blockade der CDU/CSU nicht entscheidend vorangekommen. Das von der SPD im Jahr 2005 vorgelegte Konzept einer Bürgerversicherung entspricht den Anforderungen eines gerechten und solidarischen Gesundheitssystems. Diese Bürgerversicherung bleibt weiterhin unser Ziel. Eine Reform, die alle Personen und alle Einkommensarten einbezieht – und das Gesundheitssystem zukunftsfest aufstellt.
Die gesetzliche, beitragsbezogene Rente bleibt die tragende Säule einer armutsfesten Alterssicherung. Sie muss allerdings durch öffentlich geförderte private Vorsorge oder Betriebsrenten ergänzt werden. Das Recht auf soziale Grundsicherung im Alter ist ein sozialdemokratischer Erfolg. Sie schützt vor Not und Ausgrenzung unabhängig von der individuellen Erbwerbsbiografie.
Mit ihrer Forderung nach Mindestlöhnen weiß die SPD drei Viertel der Bevölkerung hinter sich. Mindestlöhne schützen nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndumping, sie verhindern zudem einen ruinösen Wettbewerb der Unternehmen untereinander, bei dem in der Regel nur die Großen gewinnen. Damit Mindestlohn-regelungen nicht unterlaufen werden können, muss gleichzeitig das europäische Vergaberecht geändert werden.
Zur Neuordnung des Arbeitsmarktes gehört auch eine stärkere Regulierung der Leiharbeit. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! Es darf auch für die Leiharbeit nicht aufgegeben werden. Hier muss ein neuer Rahmen für die Zeitarbeitsbranche geschaffen werden.
Moderne Sozialpolitik indessen muss mehr sein als Sozialversicherungspolitik, also nicht nur Korrekturen bei der Rente und bei den Krankenkassen. Mit gezielter Bildungs- und Familienpolitik wird die Chancengleichheit am stärksten vorangetrieben und langfristig auch das Armutsrisiko verringert.
Bildung für alle sichern
Bildung entscheidet über die Lebenschancen und Teilhabemöglichkeiten der Menschen in unserer Gesellschaft. Wir wollen ein Bildungssystem, das niemanden zurücklässt und allen Menschen die Chance eröffnet, ihre Potenziale zu entfalten. Der Zugang zu Bildung und der Bildungserfolg dürfen nicht von der sozialen Herkunft abhängen. Deswegen sind wir für die Beitragsfreiheit von der Krippe bis zur Universität.
In der globalisierten Wissensgesellschaft hängt die Zukunftsfähigkeit eines rohstoffarmen Landes wie Deutschland zunehmend vom Wissen und Können seiner Menschen ab. Bildung ist ein zentraler Schlüssel - sowohl für die ökonomische Leistungsfähigkeit unseres Landes als auch für die kulturelle und demokratische Entwicklung unserer Gesellschaft. Bildung ist ein Menschenrecht.
Wir wollen ein modernes Bildungssystem, das die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen schafft – von den Kindertagesstätten, über Schule, Hochschule, berufliche Bildung bis hin zur berufsbegleitenden Weiterbildung. Die Angebote der frühkindlichen Bildung müssen konsequent weiter ausgebaut und qualitativ gesteigert werden. In der Schule setzen wir auch in Niedersachsen auf längeres gemeinsames Lernen und auf die Ganztagsschule. Die Qualität von Lehre und Forschung an unseren Hochschulen muss gesteigert und mehr Studienplätze geschaffen werden. An der Universität Lüneburg muss langfristig die Studierendenzahl bei 10.000 gesichert sein. Die finanziellen Anstrengungen im Bildungsbereich müssen deutlich erhöht werden. Damit der Bund sich mit Finanzhilfen an der Bildung beteiligen kann, fordern wir die Änderung des Artikels 104b Grundgesetz.
Energie: Versorgungssicherheit und Klimaschutz fördern, am Atomausstieg festhalten
Die Frage der sicheren, bezahlbaren und ökologisch verträglichen Energieversorgung ist eine der zentralen Zukunftsfragen unseres Landes. Für uns stehen Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz im Mittelpunkt einer modernen Energiepolitik.
Einen besonderen Stellenwert nimmt der Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Wir wollen, dass es beim Ausstieg aus der Atomenergie bleibt. Denn die Erzeugung von Strom durch Atomkraft ist eine Risikotechnologie, macht uns abhängig von Uranimporten, leistet keinen Beitrag zum Schutz des Klimas und hinterlässt ungelöste Entsorgungsfragen. Für die Suche nach einem Atomendlager, das die größtmögliche Sicherheit garantiert, fordern wir eine vergleichende ergebnisoffene Suche an mindestens zwei Standorten. Eine Vorfestlegung auf Gorleben darf es nicht geben. Eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke lehnen wir ab.
Energie muss bezahlbar sein. Um steigenden Energiekosten entgegenzuwirken, muss mehr Wettbewerb und eine transparente Preisgestaltung geschaffen werden. Die Energierechnung wird auch dann niedriger, wenn der Verbrauch geringer ist.
Eine wichtige Strategie für die kommenden Jahre ist daher die Energieeinsparung und die Erhöhung der Energieeffizienz – von Gebäuden, Geräten, Fahrzeugen, Kraftwerken und Industrieanlagen. Denn Energieträger wie Öl, Kohle und Gas sind wertvoll, nicht unendlich verfügbar und ihre Verbrennung erzeugt klimaschädliche Emissionen – mit erheblichen Folgeschäden und -kosten. Unser Ziel ist deshalb, die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber 1990 zu verdoppeln. Alle Programme zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Einsatz Erneuerbarer Energien werden wir weiterhin überstützen.
Regeln für Finanzmärkte
Märkte brauche Kontrolle, für die Finanzmärkte gilt dies im Besonderen. Maßloses Renditestreben und unverantwortliche Risikikobereitschaft Einzelner dürfen nicht noch einmal in diesem Umfang Arbeitsplätze gefährden und zu einer weltweiten Wirtschaftskrise führen. Die Konjunkturpakete der Bundesregierung, die eine sozialdemokratische Handschrift tragen, zeigen nach unserem derzeitigen Wissensstand in die richtige Richtung. Darüber hinaus ist es entscheidend, neue Regeln für die internationalen Finanzmärkte und seine Akteure aufzustellen. Hierzu zählt auch die Börsenumsatzsteuer.
Risikoreiche Finanzprodukte und Leerverkäufe müssen unterbunden werden. Das schnelle und wirksame Austrocknen von Steueroasen muss vorangetrieben werden. Wir brauchen eine stärkere Transparenz, den Ausbau der Mitbestimmung, eine effiziente Aufsicht und Kontrolle der Finanzmärkte und seiner Akteure. Der Verbraucherschutz bei Finanzprodukten muss massiv gestärkt werden. Wir brauchen eine Begrenzung der Managergehälter. Bonuszahlungen müssen an den mittel- und langfristigen Erfolg eines Unternehmens geknüpft werden. Übermäßig riskantes Verhalten dem eigenen Unternehmen und dem Gesamtmarkt gegenüber darf nicht belohnt werden. Die Verantwortung des Einzelnen durch persönliche Haftung muss spürbar gemacht werden.
Kommunalpolitik: Handlungsfähigkeit der Kommunen erweitern
Die Globalisierung schafft neue Herausforderungen für das gesellschaftliche Miteinander. Globale Märkte fordern die örtlichen Unternehmen heraus. Verschiedene Lebensstile treffen aufeinander: geprägt durch unterschiedlichen sozialen, ethnischen und kulturellen Hintergrund. Über die daraus folgenden Anforderungen an die Integration von Einwanderern in unseren Städten und Gemeinden müssen wir ebenso nachdenken wie über neue Lebensformen im Alter aufgrund der demografischen Entwicklung.
Aus diesen Entwicklungen können gesellschaftliche Konflikte entstehen, die zuerst in den Kommunen sichtbar werden. Auf sie muss reagiert werden – und das auch mit finanziellen Mitteln. Deswegen muss die Handlungsfähigkeit der Kommunen erweitert und die aufgabengerechte Finanzausstattung sichergestellt werden.
Infrastrukturpolitik ist Innovationsförderung und Arbeitsmarktpolitik zugleich. Denn die von der öffentlichen Hand angestoßenen Investitionen lösen in mehrfacher Höhe private Investitionen aus. Das sichert Arbeitsplätze und schafft neue Beschäftigung vor Ort. Dabei ist die Nachhaltigkeit das Grundprinzip für das politische und wirtschaftliche Handeln.
Wir wollen auch in unserer Region dazu beitragen, die Lebendigkeit in Städten und Kommunen zu erhalten und weiterhin zu fördern.
Das soziale Europa schaffen
Die europäische Einigung ist ein Erfolgsprojekt, dessen Bedeutung für Frieden, Stabilität und Wohlstand in Europa nicht hoch genug eingeschätzt werden kann – dies gilt für Vergangenheit und Zukunft. Die SPD hat sich immer wieder nachdrücklich für die friedliche Einigung Europas eingesetzt. Bereits in ihrem Heidelberger Programm von 1925 hat sie die „Vereinigten Staaten von Europa“ gefordert und damit frühzeitig dem europäischen Gedanken Auftrieb gegeben. Auch in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten hat sie den europäischen Integrationsprozess stets aktiv vorangetrieben und versucht, ihn zum Wohle der Menschen in Europa zu gestalten.
Für Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist Europa mehr als ein bloßer Markt. Wir sehen in der Europäischen Union ein politisches Projekt, das die Chance bietet, den Prozess der Globalisierung friedlich und sozial gerecht zu gestalten. Hierzu kommt es darauf an, dass die EU nach Innen wie Außen handlungsfähig ist und sich stark macht für Frieden und soziale Gerechtigkeit in Europa wie weltweit. Wir wollen aktiv die EU mit gestalten und sozialdemokratische Politik auf europäischer Ebene umsetzen. Unsere Politik orientiert sich am Leitbild einer solidarischen und ökologischen Erneuerung Europas. Wir engagieren uns für ein Europa, das geprägt ist durch Demokratie, Gerechtigkeit, Lebensqualität, kulturellen Forschritt und Frieden.