Am Donnerstag hat der Bundestag u.a. über die „Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems“ abgestimmt. Dahinter verbirgt sich ein umfangreiches Regelungspaket, das auch das derzeit viel diskutierte Thema Bundesfernstraßengesellschaft enthält. Dazu erklärt Hiltrud Lotze:

„Durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen wird der viel kritisierte Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form abgeschafft. Im Gegenzug bekommt der Bund mehr Kompetenzen, zum Beispiel im Bildungsbereich.

Das Kooperationsverbot wurde aufgebrochen. Der Bund wird dadurch in die Lage versetzt, 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Das war bisher nicht möglich. Ich selbst trete – wie die SPD in ihrem Wahlprogramm – für die vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots ein. Allerdings sieht man an der Reaktion des CDU-Bundestagspräsidenten Lammert, dass dieses ein höchst umstrittener Punkt ist. Er und andere CDU/CSU-Abgeordnete lehnen das Paket aus Angst vor zu viel Zentralisierung ab. Dabei ist überall erkennbar, dass Bildung eine gesamtstaatliche Aufgabe ist. Überall fehlen Finanzmittel für gut ausgestattete Schulen!

Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen. Für fast eine Million alleinerziehender Eltern und ihrer Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen das unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren. Die Altersgrenze wird von jetzt zwölf Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft.

Der Teil des Regelungspakets, der uns die größten Probleme bereitet hat, betrifft die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft. Bisher verhinderten organisatorische Mängel häufig den Ausbau der Infrastruktur, auch dann, wenn genügend Geld vorhanden war.

Hierfür war schon länger die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft im Gespräch, die Planung, Bau und Betrieb zentral in die Hände des Bundes legt. Den dafür von der Bundesregierung ursprünglich vorgelegten Entwurf haben wir als SPD jedoch abgelehnt und umfangreiche Änderungen durchgesetzt, vor allem, weil sonst eine weitreichende Privatisierung von Straßen möglich gewesen wäre.

Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt. Den Protesten und dem Engagement der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu verdanken, dass somit all diese Schlupflöcher in der Verfassung selbst geschlossen worden sind. Wir haben auch Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) für Streckennetze ausgeschlossen, die das gesamte oder wesentliche Teile des Bundesautobahnnetz umfassen.

Wichtig für mich ist auch, dass mit der vorliegenden Reform das wirtschaftliche Eigentum der Bundesfernstraßen unveräußerlich beim Bund bleibt. Die neue Gesellschaft ist lediglich für die Verwaltung zuständig, die gewinnbringende Nutzung durch die Gesellschaft ist ausgeschlossen.

In enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften haben wir zudem die Rechte der Beschäftigten beim geplanten Personalübergang von den Straßenbauverwaltungen der Länder auf den Bund festgeschrieben. Auch das ist für mich eine notwendige Voraussetzung für meine Zustimmung gewesen.

Ich finde es schade, wenn diese Fortschritte aufgrund parlamentarischer Beratungen nun durch interessierte Kreise umgedreht werden und Dinge, die längst möglich waren, als neue Wege der Privatisierung dargestellt werden. Deshalb würde ich mir wünschen, dass all diejenigen, die sich in dieser Frage bislang engagiert haben, durchaus auch den Erfolg ihres Einsatzes anerkennen.“